Gustav Ginzel...       Musik  aus /ein

... zu diesem bemerkenswerten Menschen habe ich ein besonderes Verhältnis. Dabei glaube ich kaum, dass Gustav sich meiner bewusst erinnert, sollte man mich ihm gegenüber erwähnen. Tatsächlich war ich aber einige Male, wie viele viele Andere mit großem Vergnügen an und in seinem urigen Misthaus. Es existiert auch ein gemeinsames Foto in seiner "Stube". Aber seine Geschichte will ich ihn selbst erzählen lassen...

"Im November 1963 kam ich heim und wurde mit der Bemerkung empfangen, dass das Übernachten im Freien bei Regen und Schnee unangenehm ist und wir uns deshalb ein Haus kaufen müssen....Ich war zuerst dagegen, denn wenn man ein Haus hat fährt man nirgends anders mehr hin. Aber dem Argument, dass ich mich dort ungestört meinen Studien widmen könne, konnte ich mich nicht verschließen und so fuhr ich gleich nach Klein Iser... Gleich das erste leere Haus Nr. 8 gefiel mir. Es bestand zwar nur aus Wänden mit unregelmäßigen Löchern... Am Fußboden lag bis 1 m hoch Kuhmist und darauf eine große Schneewehe. Das Haus war nicht besonders schön, aber es versprach, sehr billig zu werden....Der Bürgermeister sagte: "In Iser ist kein Haus mehr zu verkaufen". "Und was ist mit der Nummer 8 ? "...ich sah ihm deutlich an, wie er sich dachte: "Endlich hat sich ein Dummer gefunden !" und sagte: "Für 200 Kronen könnt Ihr sie (die Nr.8) haben."....Als sich 1929 mein Vater für das Haus interessierte, sollte es 35 000 Kronen kosten. Wir warteten 35 Jahre, bis der Kaufpreis mit 345 Kronen (incl. administrativer Zuschläge) festgelegt wurde. Geduld bringt Rosen !...Ein Gerücht ging um: "Die Ginzels haben sich ein Haus gekauft, das besteht nur aus Löchern und aus jedem Loch fliegt Mist heraus"


 

 So kam also das Misthaus zu seinem Namen. In den Folgejahren beschaffte sich die Familie Ginzel zum Teil auf recht abenteuerliche Weise die Hausaustattung, die mit unterschiedlichen Transportmitteln, wie beispielsweise Türen mit dem Motorrad herangeschafft wurden. Gustav hatte nun sein Heim. Er konnte jetzt seine Pläne, weitreichende Reisen vorzubereiten und durchzuführen in Angriff nehmen. In 35 Länder auf 4 Kontinenten hat ihn seine Sehnsucht geführt und oft erzählt er seinen Besuchern von den Expeditionen, als deren Zeugen Mitbringsel und Andenken im ganzen Haus zu bestaunen sind. Da ist eine Büchse Saharasand, dort ein Schrumpfkopf, eine Geldtasche der Tuaregs, eine Indianermütze aus Peru, Geweihe aus Ostsibirien, seltene Gesteine... Die hervorragenden geologischen Kenntnisse erwarb er beim allerdings abgebrochenen Studium in Prag. Und so war er ebenso in den Anden ,wie in der Taiga, in Australien, Neuseeland, auf dem Ätna wie im Kaukasus zu finden. Gustav Ginzel war aber auch zuweilen dem tschechischen Staat ein unangenehmer Zeitgenosse, denn es blieb kein Geheimnis, dass sich bei ihm Oppositionelle aus dem In- und Ausland, sprich DDR ein Stelldichein gaben. Das führte dazu, dass ihm die Teilnahme an einer Andenexpedition verweigert wurde...

"Die Erklärung war, ich sei kein repräsentativer Typ. Da ich damals aber noch alle Haare auf dem Kopf hatte und auch noch alle Zähne kann es nur an meiner Nase gelegen haben... Die Expedition fand also ohne mich statt. Alle Expeditionsmitglieder kamen in den Anden um..."

 

 

  1995 reiste Gustav nach Australien. Er besuchte dort auch den heiligen Berg der Aborigenes, einen Monolithen aus rotem Gestein. Ein Zauberer der Eingeborenen hatte dieses Heiligtum zuvor mit einem Fluch belegt, dass demjenigen, der von dem Berg einen Stein entnehme, ein Unglück geschehe. Gustav nahm als Andenken deshalb nur ein wenig roten Sand mit. In dieser Nacht brannte sein Misthaus an der Iser bis auf die Grundmauern nieder... Auch die Unterlagen von seinen Expeditionen, die Bilder, Krimskrams und "Kuriositäten" aus allen Ländern sind dabei mit verbrannt.
Freunde aus aller Welt haben Geld gesammelt und das Holzhaus 1997 wieder originalgetreu aufbauen lassen.
Gustav Ginzel fühlte sich in dem Neubau jedoch nicht wohl. Er vermisste die Seele in seinem neuen Haus ....

Was es noch zu berichten gibt ist mehr als traurig. Wir waren in den letzten Jahren mehrmals am verschlossenen Misthaus. "Wegen Krankheit geschlossen!" Was ist mit unserem Freund Gustav? Kürzlich erfuhren wir die erschütternde Nachricht: Gustav Ginzel ist nach mehrjährigem Aufenthalt in Kempten bei seiner Schwester am 28. November 2008 verstorben. Unfassbar, der unerschütterliche Naturmensch tot? Unter seinen Freunden und Bekannten herrscht tiefe Trauer. Aber es wurde ihm postum noch eine ihm angemessene große Ehrung zuteil. Am Pfingstsonntag, dem 31.Mai 2009 fand eine würdige Trauerfeier mit Hunderten von Teilnehmern auf dem Bergsteigerfriedhof bei Hruba Skala im Böhmischen Paradies statt. Gustav, Du wirst in den Herzen Deiner Freunde immer weiterleben.

 

 

.Gustav Ginzel (vorn Mitte) während der Cotopaxi- Expedition 1972,als erstmals der Grund dieses Vulkankraters der ecuadorianischen Anden erreicht wurde

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